IMPROFORUM
Beschreibung
Das Hauptziel der Improforum-Methode ist es, Jugendlichen eine Stimme zu geben und sich in weiterer Folge mit kreativen Mitteln auszudrücken. Sie ist eine Weiterentwicklung der klassischen Technik des Theaters der Unterdrückten, des Forumtheaters, das von Augusto Boal nach den Prinzipien der Pädagogik der Unterdrückten von Paolo Freire entwickelt wurde. Die Methode verbindet Aktivismus und politische Forderungen mit Theaterimprovisation und Schauspiel. Sie ermöglicht es den Jugendlichen nicht nur, Kreativität und politisches Bewusstsein zu entwickeln, sondern auch Selbstvertrauen zu gewinnen und zu lernen, wie sie ihre Forderungen ausdrücken und durchsetzen können, indem sie sie in öffentlichen Theateraufführungen präsentieren und dadurch eine bestimmte Zielgruppe oder ein breiteres Publikum erreichen.
Zielgruppe
Jugendgruppe, Schulklasse, Gruppe interessierter junger Menschen, Erfahrungen im Theater vorteilhaft
Anzahl der Teilnehmenden
Gruppe bestehend aus 5 bis 15 Personen + 1 bis 2 Betreuende
Umgebung
Ein ruhiger öffentlicher Platz oder eine größerer Raum/kleine Bühne
Benötigte Zeit
Ungefähre Dauer: 1,5 – 2 Stunden.
Materialien
Neutrale Kleidung, Basisrequisiten wie etwa 1 Tisch und 4-5 Stühle
Zweck/Ziel
Ziel der Methodik ist es, Jugendliche zu befähigen, sich auszudrücken und ihre Bedürfnisse und Forderungen sowie die ihrer Altersgenossen durch einen kreativen Theateransatz zum Ausdruck zu bringen.
Schritt für Schritt Anleitung
1. Schritt
Vereinbare mit der Gruppe, mit welchem Thema gearbeitet werden soll.
Dies kann entweder im Gespräch geschehen oder durch den Anlass der Veranstaltung (z. B. ein Festival oder eine Konferenz usw.) vorgegeben werden. Die Themen können von Wohnungsproblemen, Bildung, Umweltfragen, Beschäftigungsmöglichkeiten, Menschenrechten usw. reichen.
2. Schritt
Wähle gemeinsam mit der Gruppe eine oder zwei Personen aus, die als so genannte Joker (Moderator*innen) fungieren werden.
Dabei sollte die Gruppe auf die Kommunikationsfähigkeiten achten und darauf, ob sich die Personen in dieser Rolle wohlfühlen.
3. Schritt
Die Joker erklären dem Publikum kurz, was Improforum ist und wie das Ganze ablaufen wird.
4. Schritt
Aufwärmen des Publikums
Die Joker machen mit dem Publikum ein oder zwei einfache Übungen oder Spiele. Es ist gut, wenn diese Übungen einen Bezug zum Thema haben.
5. Schritt
Die Joker präsentieren dem Publikum das Thema
Dies geschieht zunächst in Form einer kurzen Ansprache auf der Bühne. Dann hat das Publikum 2 bis 3 Minuten Zeit, um mit seinen*ihrer Nachbar*in in Zweier- oder Dreiergruppen über das Thema zu diskutieren.
6. Schritt
Die Joker fragen das Publikum nach Erfahrungen/Problemen mit dem Thema
Die Zuhörer*innen teilen in einigen Worten eine konkrete Erfahrung aus erster Hand mit, bei der sie mit einem Problem konfrontiert waren, das mit dem vorgestellten Thema zusammenhängt.
7. Schritt
Eine Geschichte entsteht
Die Joker bitten das Mitglied des Publikums, dessen Geschichte ausgewählt wurde, die Geschichte noch einmal genauer zu erzählen. Währenddessen stellt der Rest der Gruppe dem Mitglied des Publikums zusätzliche Fragen zu den Figuren, der Situation, dem Ort, vielleicht sogar zu einigen Dialogzeilen aus dem wirklichen Leben, wenn sie sich erinnern können, usw. Dies wird so lange fortgesetzt, bis sich die Gruppe ein ausreichend gutes Bild von der Geschichte gemacht hat.
8. Schritt
Die Vorstellung der Geschichte
Die Gruppe von Darsteller*innen spielt die Geschichte nach, die der*die Zuhörer*in erzählt hat. Sie schlüpfen in die Rollen der Figuren in der Geschichte, wobei eine*r von ihnen auch die Rolle der Person übernimmt, deren Geschichte dies war. Sie spielen die Geschichte bis zum Punkt der so genannten chinesischen Krise (Boal) - d. h. dem Moment, in dem die Situation am schlimmsten erscheint.
9. Schritt
Interventionen
Die Joker bitten Mitglieder des Publikums, die Ideen vorgeschlagen haben, auf die Bühne zu kommen und Teil der Theatergeschichte zu werden und ihre Vorschläge live auf der Bühne auszuprobieren. Die Zuschauer*innen kommen einer nach dem anderen und übernehmen die Rolle der Protagonist*innen. Der Rest der Gruppe improvisiert die Geschichte erneut und passt sie an den Interventionsvorschlag der Zuschauer*innen an.
10. Schritt
Diskussion der Ergebnisse
Nach jeder Intervention diskutieren die Joker den Vorschlag mit dem Publikum. Wie hat die Intervention die Geschichte verändert? Wurde das Ziel, die Situation der Protagonist*innen zu verbessern, erreicht? War die Intervention realistisch (d. h. ist sie auf eine reale Situation anwendbar)?
11. Schritt
Schlusswort
Die Joker fassen die Ergebnisse der Interventionen zusammen und danken dem Publikum für die Teilnahme.
Tipps für die Trainer*innen
Diese Methode lässt sich natürlich nicht aus dem Stegreif anwenden. Es ist notwendig, vorher mit der Gruppe von Jugendlichen zu arbeiten, um ihnen schauspielerische und darstellerische Fähigkeiten zu vermitteln und den Teamgeist zu stärken. Es ist auch sehr wichtig, dass die Methode für die Gruppe sehr klar ist und dass sie sich bei der Anwendung wohl und sicher fühlt. Wenn die Gruppe recht unerfahren oder schüchtern ist, kann der*die Betreuer*in die Rolle des Jokers übernehmen, um es der Gruppe leichter zu machen.